
Nachstehend folgen Antworten des Bayerischen Staatsministeriums den Innern, für Sport und Integration auf Fragen bezüglich der Veränderungen ab 1. Juni 2022. Ab diesem Datum sollen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bzw. Sozialhilfe (SGB XII) erhalten.
Voraussetzung für den Bezug dieser Leistungen ist eine
Fiktionsbescheinigung oder eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 Abs. 1 AufenthG. Bis dahin erhalten ukrainische Geflüchtete jedenfalls Leistungen nach dem AsylbLG. Bestandsfälle können auch noch ab 1. Juni 2022 übergangsweise AsylbLG-Leistungen erhalten.
1. Anrechnung bzw. Sicherstellung von PKWs als Vermögen im Sinne des § 7, 7a AsylbLG
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG sind Einkommen und Vermögen, über das verfügt werden kann, von dem Leistungsberechtigten und seinen Familienangehörigen, die im selben Haushalt leben, vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen. Ein solches verfügbares Vermögen kann grundsätzlich nicht nur in Geld, sondern auch in geldwerten Gütern wie PKWs bestehen und zu einer entsprechenden Berücksichtigung bei der Prüfung eines Anspruchs auf Leistungen nach AsylbLG führen. Mit Blick auf die besondere Situation der ukrainischen Geflüchteten ist dabei allerdings insbesondere die Vorschrift des § 7 Abs. 5 Satz 2 AsylbLG zu beachten, wonach
Vermögensgegenstände außer Betracht bleiben, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der
Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind. Da die betreffenden Personen eine
Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG haben, und daher eine
Arbeitserlaubnis, soweit überhaupt erforderlich, unkompliziert erhalten können, wird in der Regel
von einer Anrechnung des PKWs Abstand zu nehmen sein. Entsprechendes gilt für die Sicherstellung nach § 7a AsylbLG, für die die Vorschrift nach § 7a Abs. 5 Satz 2 AsylbLG entsprechend anzuwenden ist.
2. Berücksichtigung vorhandener Barbeträge oder Kontoguthaben in der ukrainischen Währung Hrywnja (auch: Griwna) im Rahmen der Vermögensprüfung nach § 7 AsylbLG
Seit 24. Mai 2022 können volljährige Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in Deutschland ihre HryvniaBanknoten in Euro umtauschen.
Das Bundesministerium der Finanzen und die Deutsche Bundesbank haben eine Vereinbarung mit der Nationalbank der Ukraine über ein Umtauschvolumen von zunächst 1,5 Mrd. Hryvnia unterzeichnet. Flüchtlinge können einen Betrag von insgesamt bis zu 10.000 Hryvnia bei den teilnehmenden deutschen Banken und Sparkassen in Euro umtauschen. Der Umtausch kann auch in mehreren Teilbeträgen erfolgen und soll gebührenfrei sein. Es werden Banknoten zu 100, 200, 500 und 1.000 Hryvnia der derzeit gültigen Banknotenserien der Nationalbank der Ukraine akzeptiert. Der Umtausch in Euro erfolgt zu dem auf der Webseite der Bundesbank (www.bundesbank.de/wechselkurse-uah) bekanntgegebenen Wechselkurs. Der Umtausch ist zunächst für drei Monate möglich. Eine anteilige Anrechnung eines etwaig vorhandenen und in dieser Höhe in Euro verfügbaren Vermögens nach § 7 Abs. 1 AsylbLG ist möglich.
Soweit die oben stehenden Ausführungen nicht greifen (beispielsweise bei Minderjährigen), die
europäische Banken insoweit keine Hrywnja-Scheine annehmen und die Währung in der EU nicht
umtauschbar ist sowie für ukrainische Geflüchtete der Zugriff auf ukrainische Bankkonten nicht
möglich ist, stellen Banknoten oder Kontoguthaben in der der Währung Hrywnja in der Regel kein
verfügbares Vermögen im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG dar. Nach Informationen des BMI ist
bei Vermögen, das sich in der Ukraine befindet, derzeit davon auszugehen, dass es nicht verwertbar ist. Es wird deshalb nicht berücksichtigt.
Verfügbarkeit in diesem Sinne setzt voraus, dass das betreffende Vermögen dem
Leistungsberechtigten tatsächlich zur Verfügung steht (sog. bereite Mittel), was bedeutet, dass
weder tatsächliche noch rechtliche Hindernisse einem Einsatz entgegenstehen dürfen. Vorhandene
Vermögenswerte, die nicht dem oben genannten Verfahren unterliegen, und Kontoguthaben in
Hrywnja können vom Leistungsberechtigten, der sich in Deutschland aufhält, mangels Möglichkeit
zum Umtausch in Euro bis auf Weiteres nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden. Auch kann auf Konten in der Ukraine aktuell nicht zugegriffen werden, sodass dort vorhandene Bankguthaben für Erwerbstätigkeit, Rente etc. ebenfalls nicht verfügbar sind. Solange dies der Fall ist, brauchen auch Arbeitsverträge, Rentenbescheide etc. aus der Ukraine im Rahmen der Einkommens- und
Vermögensprüfung nicht angefordert oder näher beleuchtet werden. Sollte sich an der derzeitigen
Situation hinsichtlich des Zugriffs auf ukrainische Bankguthaben und der weitergehenden Möglichkeit des Umtauschs von Hrywnja in Euro nichts ändern, bestehen insoweit keine Besonderheiten gegenüber anderen Leistungsberechtigten nach dem AsylbLG. Bitte informieren Sie sich über die bekannten Informationskanäle, um auf eine ggf. geänderte Situation reagieren zu können (z.B. die Informationsseite des Bundesministeriums des Innern und für Heimat Arbeit und Soziales (germany4ukraine.de)).
3. Sicherstellung von Hrywnja-Banknoten und Münzen
Soweit Hrywnja-Banknoten und Münzen nicht in Euro umgetauscht werden können, können sie aus tatsächlichen Gründen nicht zur Bedarfsdeckung eingesetzt werden und stellen daher kein
verfügbares Vermögen nach § 7a Satz 1 AsylbLG dar. Ggf. kann ein etwaiger Bestand in geeigneter
Weise notiert werden. Hinsichtlich der Sicherstellung von Euronoten und –Münzen ist unter
Berücksichtigung des Einzelfalls entsprechend der allgemeinen Regeln von einer Verfügbarkeit
auszugehen.
4. Kindergeld
Zum Thema Kindergeldberechtigung für ukrainische Geflüchtete dürfen wir auf die Hinweise der
Bundesagentur für Arbeit, abrufbar unter nachfolgendem Link, verweisen:
https://www.arbeitsagentur.de/datei/flyer-kindergeld-fuer-asylberechtigte-und-anerkanntefluechtlinge_ba147424.pdf
Ein Anspruch auf Kindergeld nach dem EStG setzt mit Blick auf ukrainische Geflüchtete, denen bereits ein Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG erteilt wurde, voraus, dass sie entweder berechtigt
erwerbstätig sind oder sich seit mindestens 15 Monate im Bundesgebiet erlaubt oder gestattet
aufhalten. Im Übrigen gelten die allgemeinen Regelungen zur Berücksichtigung von Kindergeld im
Rahmen der Einkommens- und Vermögensprüfung nach dem AsylbLG.
Die Familienkasse weist darauf hin, dass die Anträge nur dann ausgehändigt werden sollten, wenn
ein Anspruch möglich erscheint, um Frustrationen bei einer Ablehnung zu vermeiden.
5. Eröffnung eines Basiskontos
Hierzu hat die BaFin Informationen betreffend die Anforderungen an die Identifizierung von
Flüchtlingen aus der UKR zur Eröffnung eines Basiskontos zur Verfügung gestellt.
* Grundsatz: Identitätsprüfung gemäß § 12 GWG nach den dort aufgeführten amtlichen
Ausweisen, insbesondere anerkannter biometrischer und „normaler“ UKR Pass / Passersatz; hierzu zählt aufgrund einer zeitlich befristeten Anerkennung auch die UKR ID-Card Modell 2015 sowie der Ankunftsnachweis gemäß § 63a AsylG.
* Liegen keine Dokumente nach § 12 GWG vor, kann neben einem sonstigen UKR
Ausweisdokument zusätzlich ein Dokument einer deutschen Behörde (insbesondere Anlauf-,
Fiktions- oder Meldebescheinigung) vorgelegt werden, aus dem sich ergibt, dass die zu
identifizierende Person unter dem im Ausweisdokument genannten Namen geführt wird.
* Bei weiteren grundsätzlichen Fragen zur Identifizierung wenden Sie sich an
M2@bmi.bund.de
6. Überweisungen auf Konto
Hinsichtlich der Frage, ob die Leistungen für ukrainische Geflüchtete auf ein von diesen benanntes
Bankkonto überwiesen werden können, verweisen wir auf das IMS vom 10. November 2021, Az. G5-6741-2-51. Sofern die Voraussetzungen des genannten IMS vom 10. November 2021 gegeben sind, kommt eine Überweisung auf ein Bankkonto des Leistungsberechtigten in Betracht. Die
diesbezüglichen Ausführungen im IMS (dort 6.1) beanspruchen nach wie vor Gültigkeit.
7. Medizinische Versorgung
Für Kriegsflüchtlinge wurde im Rahmen der Vereinbarung der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns mit Bay. Landkreistag und Bay. Städtetag (KVB-Vereinbarung) ein eigener Behandlungsschein eingeführt, um auch etwaige Ansprüche aus § 6 Abs. 2 AsylbLG abzudecken.
8. Überlastung des ukrainischen Generalkonsulats
Der ukrainische Generalkonsul bittet darum, dass unter anderem für Übersetzungen von Urkunden nicht auf das Generalkonsulat verwiesen wird. Sollte für die örtlichen Träger im Einzelfall die Vorlage einer übersetzten Urkunde notwendig sein, etwa im Rahmen der Prüfung nach § 7 AsylbLG, sollten daher andere Wege genutzt werden.